Das Antonia-Werr-Zentrum, eine Einrichtung der stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe in Trägerschaft der Oberzeller Franziskanerinnen, engagiert sich seit mehr als 50 Jahren, ganz im Zeichen seiner Namenspatronin – Antonia Werr – für benachteiligte Mädchen und junge Frauen. Sie kommen aus prekären Verhältnissen und finden in der Einrichtung eine stabilisierende Umgebung. Ein großer Teil der Mädchen und jungen Frauen ist traumatisiert und wird entsprechend auch einzel- und gruppentherapeutisch begleitet.
Es war ein Vortrag der Traumapädagogin Wilma Weiß (TPZ Hanau), der den betroffenen Mädchen und Frauen das Aha-Erlebnis bescherte: „Hey, ich bin normal!“ Was landläufig als Verhaltensauffälligkeit gelten mag, ist für Kinder und Jugendliche aus Familien mit psychisch kranken Eltern oft überlebenswichtig und situationslogisch völlig richtig: Sie ergreifen die Flucht, laufen weg. Weiß erklärte in ihrem Vortrag, anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Einrichtung, Verhaltensweisen und Zusammenhänge so verständlich, dass bei den Mädchen und jungen Frauen der Wunsch nach einem Buch aufkam, das sich ebenfalls einer klaren und leicht verständlichen Sprache bediene, um das Thema „Umgang mit Traumatisierung“ den Betroffenen selbst nahezubringen. Weiß ermutigte die jungen Frauen, selbst dieses Buch zu erarbeiten und bot ihre Unterstützung für dieses Projekt an.
Für dieses innovative Projekt erhält das Antonia-Werr-Zentrum auf Vorschlag des Caritasverbands für die Diözese Würzburg den Sozialpreis 2016 der Bayerischen Landesstiftung.
„Wir freuen uns über diesen Preis“, sagte Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg. Er sehe darin eine echte Wertschätzung des professionellen Dienstes, der im Antonia-Werr-Zentrum für die Mädchen und jungen Frauen und damit für die Gesellschaft erbracht werde. Auch die Caritasstiftung unterstütze das Vorhaben, ein Buch von Betroffenen für Betroffene zu erstellen.
Stellungnahme Anja Sauerer, Geschäftsführerin und Gesamtleiterin:
Wir freuen uns sehr über diesen Preis, der bestätigt, dass sich “neues” Denken lohnt und dass neue Haltungen in der Pädagogik immer wieder eine Bereicherung sind. Mein Dank gilt an dieser Stelle den engagierten Mädchen, unseren Buchautorinnen, die sich durch die Arbeit an ihren Traumatas und durch die mutige Darlegung ihrer Geschichte und ihren Erfahrungen in den Dienst anderer stellen und helfen wollen.
Stellungnahme von Sr. Dr. Katharina Ganz, Generaloberin:
Alleinige Gesellschafterin des Antonia-Werr-Zentrums ist die Kongregation der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu mit Sitz im Kloster Oberzell (Landkreis Würzburg). Die Generaloberin Sr. Dr. Katharina Ganz freut sich über die hohe Wertschätzung, die mit dem Preis zum Ausdruck kommt: “Wir Oberzeller Franziskanerinnen sind glücklich und stolz, dass das Antonia-Werr-Zentrum mit dem Preis der Bayerischen Landesstiftung ausgezeichnet worden ist. Diese Anerkennung gilt in erster Linie den Mädchen und jungen Frauen, die in unserer heilpädagogisch-therapeutischen Einrichtung leben. Sie bringen sich aktiv in die Gestaltung des pädagogischen Alltags mit ein, formulieren ihre Wünsche, regen Entwicklungen an, üben Kritik oder zeigen sich solidarisch. Mit dem Preis wird darüber hinaus der Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter honoriert, die die Stärken der uns Anvertrauten sehen, ihre Ressourcen frei legen, ihre Kreativität und Eigenverantwortung fördern und auf Partizipation setzen. Es bleibt nur zu wünschen, dass das mit der Traumapädagogin Wilma Weiß entstandene Fachbuch vielen anderen von Traumatisierungen betroffenen jungen Menschen hilft, ihre eigene Situation besser zu verstehen, zu reflektieren und Wege zur Überwindung zu finden.“
Der Sozialpreis der Bayerischen Landesstiftung ist mit 10.000,00 Euro dotiert und wurde am 6. Dezember in Ingolstadt übergeben.
Würzburg / St. Ludwig
Dr. Sebastian Schoknecht (Caritasverband f. d. Diözese Würzburg e. V.)
Alfred Hußlein (stellv. Gesamtleitung, Antonia-Werr-Zentrum GmbH)